Ein tolles Hobby: Salsa tanzen

Hilkea Knies Salsa tanzen

Salsa und Singen haben viel gemeinsam

Wer hätte gedacht, dass Singen und Salsa tanzen so Vieles gemeinsam haben? Es ist schön in den Blog Artikeln, nicht nur über meine Arbeit oder über das Buchprojekt zu schreiben, sondern auch über das, was mich sonst noch innerlich und emotional beschäftigt. Und da steht der Tanz gerade an erster Stelle, was mein Lieblings-Hobby angeht.

Salsa tanzen – was für ein Spaß

Tanzen tue ich schon mein ganzes Leben lang. Aber den Paartanz habe ich erst vor ca. 4 Jahren für mich entdeckt. Da habe ich in einer für mich sehr schwierigen Zeit mit Salsa angefangen. Die Musik konnte ich erst nicht besonders gut leiden, aber mittlerweile liebe ich Salsa Musik und noch viel mehr den Tanz. Er ist so energiegeladen, er kann sexy sein und er ist lebensfroh und fröhlich. Wenn die Musik die richtige Geschwindigkeit hat, dann komme ich dabei in einen Flow, der einfach nur beglückend ist und mich fliegen lässt.

Hilkea Knies, erhitzt, Haare zurück streichen
Dieses Bild habe ich von mir gemacht als ich nach 3 Kursen hintereinander in der Tanzschule völlig erschöpft, aber unglaublich glücklich nach Hause kam.

“Lead and Follow”

Was mich am Paartanz ganz allgemein gereizt hat ist die Sache mit lead and follow. Oder auf Deutsch “Führen und Führen lassen”. Damit habe ich ehrlich gesagt immer ein Problem gehabt. Ich hatte in meinem Leben viel mit Kontrolle zu tun. Sicherheit durch Kontrolle um genauer zu sein. Und das ist etwas, was einem beim Paartanz ganz schön in die Quere kommen kann. Aber ich hatte das Gefühl, dass es in meinem jetzigen Lebensabschnitt besser gehen würde. Und so meldete ich mich in einer Tanzschule an.

Es war spannend für mich, heraus zu finden, was ich brauche, damit ich mich gut führen lasse. Ob es wirklich nur an mir liegt oder ob es auch andere Aspekte gibt.

Ich habe dabei viele Erfahrungen gemacht.

Die wichtigste Erfahrung war für mich, eine Balance zu finden zwischen dem, sich der Bewegung und Führung hinzugeben und dem Halten der eigenen Spannung, den eigenen Ausdruck finden und raus lassen. Wie kann ich diese beiden Dinge zusammen bringen? Wie kann ich ich selber sein und mich doch der Führung eines Partners anvertrauen, manchmal sogar unterordnen?

Kleine Fußnote: Unterordnen fällt mir echt schwer, da wäre ich bei dem Thema natürliche Autorität und mein Streben nach Autonomie.

Und dann kam die Frage, ob auch ich führen kann. Durch meinen eigenen Ausdruck zum Beispiel, nicht im Sinn des Führens mit Schritten, sondern im Führen von gegenseitigem Ausdruck im Tanz. Welche Geschichte erzählen wir beide in unserem Tanz? Welche Rollen spielen wir im Tanz? Und welche Gefühle entstehen dann auf einmal im Tanz, mit denen ich nicht gerechnet habe?

Was ist tänzerischer Ausdruck?

Und da bin ich bei dem spannendsten Thema des Paartanzes, was sich in den Jahren gezeigt hat. Wie erschaffe ich gemeinsam mit einem Tanzpartner diese Geschichten? Sind zwei Menschen bereit, sich aufeinander und auf die Geschichte, die sie zusammen erzählen können einzulassen? Gibt es eine Offenheit für den Ausdruck, den ein Tanz möglich macht?

Hilkea Knies Salsa tanzen
In unserer Tanzschule in Hannover. Etwas schummerig, von daher nicht ganz scharf, aber es hat Spaß gemacht

Ich habe meinem Tanzpartner einmal gesagt, wie ich es liebe, wenn er durch seine Führung ein Angebot macht, wenn er einen Raum zur Verfügung stellt. In diesen Raum kann ich mich hinein begeben, ich kann das Angebot annehmen, ich kann es ablehnen, ich kann es verändern, ich kann antworten, ich kann ja und nein sagen. Und all das ohne Worte. Denn es gehört zum Tanz, gehört zur Geschichte, die erzählt werden möchte, die erlebt werden möchte.

Ich kann zurückhaltend sein, ich kann draufgängerisch sein, ich kann liebevoll sein, ich kann mich total hingeben, ich kann außer Rand und Band geraten. All das ist möglich, wenn ein Tanzpartner den Raum zur Verfügung stellt, den Rahmen bietet und im wahrsten Sinn des Wortes mitspielt.

Wie viel Technik braucht es zum Salsa tanzen?

Technik ist wichtig. Jedenfalls dann wenn man immer mehr Möglichkeiten des Ausdrucks gewinnen möchte. Aber sie ist nicht alles. Und vor allem ist es so wichtig zu verstehen, dass Technik nur ein Mittel ist. Wenn sie zur Hauptsache wird, dann wird sie den Tanz ruinieren. Ich habe manche Tänzer:innen gesehen, die beeindruckende Geschwindigkeiten und ausgefallene Figuren aufs Parkett gelegt haben, denen aber die Seele und der Ausdruck fehlte. Und wenn wir uns dabei ertappen, dass uns die Technik wichtiger ist als unser Gefühl und unser Ausdruck, dann allerspätestens sollten wir uns ernsthaft fragen, warum wir tanzen?

Wollen wir die Besten werden? Wollen wir jemanden beeindrucken? Suchen wir eine Partnerschaft? (Das ist gar nicht so selten in Tanzschulen, denn man darf mit Erlaubnis einem oder mehreren Menschen körperlich sehr nahe kommen und dem nachspüren, ob die “Chemie” stimmt) Ist uns das Thema überhaupt bewusst? Oder leben wir unser Leben vielleicht, ohne auf unsere Gefühle zu achten?

Der Körper beim Tanzen

Wie erleben wir unseren Körper beim tanzen? Ist er uns bewusst oder ist er einfach ein Vehikel, ein Tanzsportgerät? Können wir unseren Körper beim tanzen genießen? Gibt er uns Signale, was er schön findet und was nicht?

Ich liebe es, meinen Körper beim Tanzen zu spüren. Was er möchte und was nicht. Welche Bewegungen liebe ich, weil sie sich so gut anfühlen? Was alles löst Geschichten, Gefühle in mir aus? Und welche Bewegungen verleiten mich zum Träumen?

Und ich bin neugierig auf die Körper meiner Tanzpartner. Ich liebe es, den Körper eines Tanzpartners zu spüren. So ganz einfache Dinge wie: reagiert sein Rücken auf meine Hand, die sich auf seinen Rücken legt? Habe ich das Gefühl, dass dieser Körper mit mir atmen kann? Versteift er sich? Kann er schmelzen? Ich gebe zu, das klingt skurril, aber ich komme aus der Körperarbeit und habe gelernt, feine Signale aufzunehmen, die Bewegung der Faszien, wenn sie anfangen zu schmelzen, das Pulsieren im Gewebe. All das nehme ich manchmal beim Tanzen wahr. Wenn ich nicht zu sehr damit beschäftigt bin, es richtig zu machen. 😏

Die Verbindung zum Tanzen wurde mir 2018 nochmal so richtig bewusst. Ich hatte mit meinen beiden Kollegen drei Stunden Tango Argentino in Buenos Aires mit Analia Vega und Marcelo Varela. Ein Tanzpaar übrigens, das ich wunderbar finde und die auch bis vor zwei Jahren weltweit Tango Kurse angeboten haben. Analias erste Lektion an uns stand unter dem Titel: how to embrace. Sie hat mich tief berührt und die Verbindung hergestellt. Mich in meinem Körper zu fühlen und die Verbindung zu meinem Tanzpartner aufzunehmen. Zeit nehmen und spüren. Nicht die Schritte sind das Wichtigste, sondern das Wie und das Warum wir tanzen.

Aber ich kann nicht nur spüren, was sich für mich gut und stimmig anfühlt, ich kann in mir selber auch sofort spüren, wenn mich jemand ablehnt. Dann versteift sich der Körper, ich gehe in den Kopf, möchte die Kontrolle behalten und kann nicht mehr fühlen. Denn zum Fühlen braucht es den Körper. Das sind spannende Stellen, wenn ich versuche, trotzdem aus dem Kopf wieder heraus zu kommen und mich wieder der Führung anzuvertrauen. Ich mag auch diese Momente, denn sie zeigen mir viel darüber, wann und auf welche Signale hin ich mich abgelehnt fühle. Und ich weiß, das braucht etwas Zeit. Mit Zack Zack und “nun lass dich doch mal führen” kommt bei mir kein Mann ans Ziel.

Krise im Salsa

Vor gar nicht so langer Zeit hatte ich eine Krise, was den Salsa betraf. Ich hatte mich die Pandemie über mit meinem Tanzpartner privat getroffen, wir hatten viel geübt und waren sehr viel besser geworden.

Und da packte mich der Ehrgeiz. Ich wollte noch besser werden, ich fing an, private Stunden bei einem unserer Tanzlehrer zu nehmen und stellte irgendwann fest, dass ich ständig darüber nachdachte, ob die Drehung so korrekt ist, ob meine Schritte klein genug sind, ob das Styling so stimmte usw. Das Selbstvertrauen und vor allem der unbändige Spaß, den es mir gemacht hatte, ging langsam aber sicher verloren. Und was dabei interessant war: ich hatte auf einmal mehr Schwierigkeiten beim Tanzen als weniger. Eigentlich hatte ich gedacht, wenn ich mehr lerne, mehr weiß, würde ich besser werden.

Ja, zu einem Teil stimmte das auch, aber das, was ich an Talent, an Gefühl, an Musikalität, an Feinfühligkeit, an Intuition in diesen Tanz mitgebracht hatte, das ging verloren. Erst da wurde mir sehr klar, wie wesentlich diese Dinge für den Ausdruck und den Spaß sind.

Ich verabredete ich mich mit einer Tänzerin und Tanzlehrerin meiner Schule, um bei einem Kaffee ein Gespräch unter Mädels zu führen.

Erkenntnisse in einem Gespräch unter Mädels

Und es öffnete mir die Augen. Ich erkannte – zum wiederholten Mal – etwas, was ich als einen Wesenszug von mir kannte. Ich fange etwas mit Feuereifer an, ich bin talentiert, ich habe Musikalität, ich habe eine schnelle Auffassungsgabe. Und wenn es mir gefällt, dann kommt der Ehrgeiz, dann kommt der Perfektionismus, dann kommt die Selbstkritik und die Kontrolle. Das kenne ich aus anderen Lebensbereichen von mir.

Sie sagte mir, es gäbe immer Menschen, die besser tanzen würden, die besser dabei aussehen würden, die die besseren Tanzpartner hätten und und und. Wenn wir darauf warten wollten bis endlich alles perfekt ist, dann kommen wir nicht zum Tanzen in diesem Leben. Und was noch viel schlimmer ist, wir verlieren unseren Spaß. Wichtig ist doch, dass wir die Musik hören, dass wir unsere Gefühle in den Tanz hinein geben, dass wir Spaß haben. Dass wir uns ausdrücken möchten über diesen Tanz, dass wir in Kontakt sein möchten in diesem Tanz.

… und ich konnte es umsetzen

Es war spannend. Ich konnte noch am gleichen Abend mit meinem Tanzpartner eine Entscheidung für mich treffen, das zu ändern. (Stichwort mind-set 😏) Ich ließ mich los, ich ließ die Kontrolle los und tanzte einfach nach der Musik, ließ mich von ihrem Ausdruck leiten, zeigte mich in dem, was die Musik in mir auslöste. Das galt sowohl für meinen Körper, als auch für meine Mimik. Ich war das Stück Musik, was lief, ich ließ mich führen und tat gleichzeitig mein Eigenes in unseren Tanz hinein. Es war einfach wunderbar. Auch mein Tanzpartner merkte, dass irgendetwas anders war. Er reagierte und wir hatten gleich zu Beginn der Stunde zwei unglaublich schöne und intensive Tänze, die ganz im Hier und Jetzt stattfanden.

Salsa und Singen – Parallelen, Gemeinsamkeiten

Hilkea Knies Singen
Zwar ist das Bild nicht spontan entstanden, aber es entstand aus einer Improvisation, die mich in diesen Zustand von Flow mit mir selbst gebracht hatte

Und das erinnerte mich an das Singen. Bei vielen Abschnitten könnte ich das Wort TANZEN durch das Wort SINGEN ersetzen.

Mit Singen habe ich begonnen, weil es sich einfach so gut in meinem Körper anfühlt zu singen, zu vibrieren, die Energie der Töne zu spüren. Und auch da hat mich die Suche nach der richtigen Technik, all das was ich an Spaß und Musikalität hatte fast gekillt. Mein eigener Anspruch, aber auch der Anspruch an der Musikhochschule Hannover. Ja, man braucht eine gute Technik, damit man in der klassischen Musik all das ausdrücken kann, was man selbst möchte. Aber wenn die Technik über dem musikalischen Ausdruck steht, über all dem, was unser Herz über Musik mitteilen möchte, dann sind wir auf unserem Weg falsch abgebogen.

Das ist heute meine tiefe Überzeugung. Und umso schöner, dass mir mein liebstes Hobby all das wieder in Erinnerung gerufen hat.

Über das Tanzen in Verbindung mit dem Singen habe ich schon zwei Blog-Artikel bei Voice Experience geschrieben. Einer beschäftigt sich mit Kizomba und der andere mit Salsa.

Das Thema, dass ich vor allem schaue, wie ich besser werden kann habe ich schon sehr lange. Das gilt für das Singen, aber auch für das Unterrichten. Ständig überlege ich, was ich tun kann, damit ich mich weiterbilden und verbessern kann. Das ist spannend, das macht Spaß, denn als Scannerin interessiere ich mich für so Vieles. Aber es zerstört manchmal die Möglichkeit, neugierig zu sein, im Hier und Jetzt zu sein und all meine Intuitionen anzuzapfen, die es mir erleichtert, mich einfach auszudrücken. Und zu fühlen: es ist alles da, es ist gut so, genauso wie es ist.

Wir brauchen auch im Singen Partnerinnen und Partner, die wir inspirieren können, mit uns gemeinsam in den musikalischen Flow einzutauchen. Sei es eine Pianistin, die uns am Klavier begleitet, seien es Mitsänger:innen, mit denen wir gemeinsame Schwingungen suchen und mit denen wir lauschend singen. Mit manchen kann man in diesen Flow kommen, mit anderen nicht.

Und es wird immer und überall jemanden geben, der noch besser ist, noch erfolgreicher ist. Sollte ich deshalb aufhören zu singen, zu tanzen und zu unterrichten und mir das Leben schwer machen, weil mich die Selbstzweifel auffressen? Nein, auf keinen Fall! Das wäre die Vergeudung meines ganz eigenen Talentes, da würde doch eine Note in der großen Komposition des Lebens fehlen. Wie schade wäre das denn?

So suche und finde ich immer und immer wieder das Hier und Jetzt – im Singen wie im Tanzen und ich freu mich über Menschen, die mit mir auf der Suche sind und mit denen ich es gemeinsam finde und in den Flow kommen kann.

Hier und Jetzt – und Jetzt – und Jetzt – und …

3 Kommentare

  1. Liebe Hilkea, ich habe verstanden! Bezug auf unser Telefongespräch 🙂 und weiter: Dein Artikel liest sich wie eine wunderbare Anleitung zur Partnerschaft. Alles was eine Partnerschaft braucht findet anscheinend beim Tanzen statt. Berührung, Raum geben und nehmen, Platz lassen für Improvisationen und einlassen, auf den Takt des Lebens. I love it.

    1. ja, das habe ich auch schon öfter gedacht. Nicht nur dass es Parallelen zum Singen hat, sondern es auch etwas über Beziehung aussagt. Die findet eben nicht nur in einer “Beziehung” statt, sondern Beziehungen gibt es auf vielen Ebenen und oft gelten die gleichen Gesetze. Und es ist so schön zu erleben, dass es das auch außerhalb von “Beziehung” gibt. ❤️

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