Interview mit Silke Geissen

Silke Geissen Hilkea Knies Interview

Der rote Faden

Silke Geissen und Hilkea Knies – ein Interview

Silke Geissen Hilkea Knies Interview

 

Links im königlichen Rahmen seht ihr Silke. Wir stellten uns diese Woche verschiedene Fragen. Was uns an der anderen interessiert, was wir schon immer mal wissen wollten und noch mehr. Meine Antworten auf Silkes Fragen lest ihr hier.

Und wenn ihr wissen wollt, was Silke auf meine Fragen geschrieben hat, dann findet ihr das in ihrem Blog hier.

Die Erfahrung, ein Interview zu machen ist neu für mich. Ich war total begeistert von Silkes Fragen. Ich hatte das Gefühl, sie hat mir wunderbare Vorlagen geboten, um mich auszutoben. Was will man mehr? Und gleichzeitig war ich sehr nervös, wie sie die Fragen finden würde, die ich ihr gestellt habe. Würde sie sie blöd finden, würde sie sie unverschämt finden? Spannend, was so alles in meinem Kopf herum geisterte bis ich mir sagte: du sollst nicht alles glauben, was du denkst.

Silke und ich kennen uns durch unsere gemeinsame Blog-Queen Judith Peters. Welcher von den vielen Kursen es gewesen ist, mag ich gar nicht mehr recht zu sagen. Jetzt jedenfalls bloggen wir gemeinsam in The content society, laufen uns ständig über den Weg, lesen und kommentieren unsere frisch aus den Fingern kommenden Blog Artikel und haben nun auch noch beschlossen, Blog-Buddies zu werden.

Dann stellte sich heraus, dass Silke sehr gern und ambitioniert singt. Damit hatte sie mein Herz im Sturm erobert. Aber auch ihr Weg zum Coaching beeindruckte mich. Sie hat darüber eine dreiteilige Heldinnenreise geschrieben. Schon allein das Eingangsbild ruft immer wieder in mir einen großen Strauß voll wunderbarer Gefühle wach.

Silke Geissen Baum Lachen

Der rote Faden in meiner Arbeit

Silke: Hilkea, du machst sehr viele großartige Dinge, die für Außenstehende möglicherweise keinen offensichtlichen Zusammenhang haben. Wenn ich dich im Netz nur oberflächlich stalke, sehe ich: du singst, du lehrst Gesang und hilfst, wirklich alle körperlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen wie Haltung, Atmung, Gaumenöffnung, um nur einige zu nennen. Gibt es da einen roten Faden, ergibt sich eins aus dem anderen?

Hilkea: Ja, der rote Faden ist der eigene Gesang. Ich habe schon immer gern gesungen und habe irgendwann mit Gesangsstunden angefangen. Dann kam eins zum anderen und schwupps war ich ausgebildete Opernsängerin. So gradlinig war es natürlich überhaupt nicht, aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Ich habe schon immer gern unterrichtet und da ich keinen Traumjob an einem Opernhaus bekam, hatte ich mich in Gesangspädagogik weiter gebildet, weil ich das unbedingt wirklich gut machen wollte. Und eines Tages bekam ich beim Unterrichten die Ahnung, dass ich mich noch viel mehr mit dem Zusammenhang von Körper und Psyche beschäftigen sollte, als eine Schülerin von mir für uns beide sehr unerwartet durch eine Körperübung in einem Flash-back landete.

Und so begab ich mich auf das weite Feld der Körperpsychotherapie. Ich fing an mit der Posturalen Integration, lernte dann vor vielen Jahren Somatic Experience kennen und machte dort eine Ausbildung. Die letzte Fortbildung in dem Bereich war das Foundation Training von Bodynamic. Ich hätte sicherlich auch Therapeutin werden können, aber all meine Kenntnisse verwende ich im Gesangsunterricht und in den Fortbildungen, die ich selber mit meiner Kollegin Ulla bei Voice Experience anbiete und ebenfalls am Rabine-Institut, wo ich sowohl ausgebildet bin als auch mittlerweile unterrichte.

Jede/r kann singen?

Wie stehst du zu der Behauptung, es könne wirklich jeder singen? Stimmt das, oder gibt es Menschen, die es wirklich nicht lernen können?

Doch zu der Behauptung stehe ich. Es kann jede/r singen lernen, der keine Schäden an seinem Stimmorgan hat. Auch all die Menschen, die Schwierigkeiten damit haben, die Töne zu treffen, können das lernen. Denn eine menschliche Stimme, die ein gewisses Maß an Klang und Öffnung durch guten Unterricht erreicht, kann lernen Töne zu treffen und ist vor allem immer schön. Schön ist natürlich relativ und hat viel mit Ästhetik zu tun, aber ich habe in meiner ganzen langjährigen Laufbahn als Gesangspädagogin noch keine hässliche Stimme gehört. Ich habe viele gequälte Stimmen gehört, ich habe viel sehr Unphysiologisches gehört, was vor allem meinem Herzen weh getan hat, aber hässlich, nein.

Und doch würde ich einschränkend sagen, nicht jede/r kann Sänger:in werden. Denn dazu gehört deutlich mehr als eine gute und schöne Stimme zu haben. Der ganze Bereich der Musikalität und der Persönlichkeit gehört dazu. Es sind so viele Dinge, die da zusammen kommen müssen, dass man manches oft nicht trainieren kann oder eben nur sehr bedingt in dem Zeitrahmen, der einem in der Ausbildung zur Verfügung steht. Und nicht jede/r ist dazu bereit, diese ganze Arbeit auf sich zu nehmen, den Lebensstil auf sich zu nehmen, den man braucht, um beispielsweise als Opernsolistin auf der Bühne zu stehen.

Hilkea und die Posturale Integration

Ich liebe seltsame Wörter, magst du mir die posturale Integration erläutern? (Als kleine Lateinerin würde ich die Integration der Haltung darunter verstehen, ist das richtig?

Da kann ich als große Lateinerin sagen: du liegt goldrichtig mit deiner Vermutung. Die posturale Integration ist eine Form der Körperarbeit, die von dem schon länger verstorbenen Jack Painter entwickelt wurde. Er war einer der ersten, die mit Ida Rolf arbeiteten, einer Biochemikerin, die das so genannte Rolfing „erfand“. Sie hatte sich viel mit den Faszien beschäftigt zu einer Zeit, wo hier noch niemand darüber sprach. Bei uns wurden bei allen anatomischen Studien die Faszien wegpräpariert, weil man sie für komplett überflüssig hielt. Aber sie hatte schon erforscht, dass Faszien wesentlich für die Haltung des Menschen sind.

Jack hatte auch viel Erfahrung in anderen Therapieverfahren und entwickelte eine Mischung, die es ermöglichte, alte Geschichten aus Kindertagen im faszialen Gewebe aufzuspüren und aufzulösen. Man könnte allgemein sagen: unsere innere Haltung spiegelt sich in unserer äußeren Haltung wieder. Wenn wir also an den Muskeln und Faszien der äußeren Haltung arbeiten, werden wir auf die inneren Haltungen treffen, die wir dann in Zusammenarbeit von außen und innen verstehen und auflösen können.

Das war eine sehr wichtige Ausbildung für mich, weil sie mir Zusammenhänge aufzeigte. Denn meine Schüler:innen erlebten immer wieder, wenn ich sie Körperübungen benutzen ließ, die dem sängerischen Atmen und Singen helfen, dass auf einmal psychische Dinge hoch kommen konnten. Und so hatte ich bessere Hilfsmittel zur Hand, um sie entweder aufzufangen oder die Klippe vorher zu umschiffen. Denn trotz aller Ausbildung war ich schließlich als Gesangslehrerin engagiert und nicht als Therapeutin.

Was mich bei Laune hält

Ich erlebe dich als sehr lebenslustig und offen – wie schaffst du es, dich besonders jetzt, im November, bei Laune zu halten? Ich weiß, dass du tanzt und kreativ kochst – gibt es noch mehr?

Ja, ich bin lebenslustig und offen. Aber ich gestehe feierlich, der November ist nicht mein Monat. Und ich kann auch manchmal recht exzessiv und mit Genuss traurig sein. Das war mir schon mehrere Blog Artikel wert. Traurigkeit hat einfach etwas, sie hat für mich das Geschenk der Weichheit und des mehr zu mir Kommens.

Was ich mag ist Kerzenschein. Ich habe eigentlich immer, wenn es dunkel wird, Kerzen bei mir brennen. Ich arbeite momentan häufig auf meinem „Arbeitsbett“. Hier ist es einfach nur gemütlich. Als mein Sohn noch bei mir lebte, haben wir im November und Dezember immer viel Kakao getrunken. Den mache ich selber und der gibt ein warmes heimeliges Gefühl. Ach, ich glaube, ich verschwinde mal kurz und mache mir einen heißen Kakao. 😉

Kakao mit Sahne

 

Und Tanzen ist wirklich das Schönste für mich. Ich treffe mich privat mit einem Tanzpartner, tanze aber auch unglaublich gern für mich allein. Mache mir Musik an, die ich liebe und lasse den Körper sich bewegen, wohin er möchte.

Und ich meditiere. Sitze einfach nur, schaue an die Wand und komme mal mehr und mal weniger zur Ruhe. Dafür eignet sich der November hervorragend. Er lässt einen nach der Fülle des Sommers und des Herbstes sehr gut zu sich kommen.

Hilkea und das Tanzen – wie das?

Wie kamst du als klassische Sängerin ausgerechnet zu Salsa und Kizomba? Gab es einen Auslöser?

Der Auslöser war höchst unerfreulich. Mein Mann und ich hatten uns getrennt, ich suchte etwas, wie ich mich aufmuntern und gleichzeitig vielleicht neue Menschen, vielleicht einen neuen Mann kennenlernen konnte. Eigentlich hätte ich gern Tango Argentino getanzt, aber es fand sich kein Tanzpartner. Außerdem ist die Musik derartig melancholisch, dass ich Angst hatte, ich würde einem potentiellen Tanzpartner die ganze Zeit das Hemd vollweinen. Da kam der Salsa gerade recht, denn der ist lebenslustig. Kizomba kam durch Zufall auf einer Party dazu, da mich ein Salsa Tanzpartner fragte, ob ich das schon getanzt hätte. Ich kannte nicht einmal den Namen dieses Tanzes und ließ mich einfach drauf ein, als er sagte es sei ganz einfach. Heute ist das fast mein Lieblingstanz. Ich kann mich in ihm in einen Kontakt begeben, den ich in keinem anderen Tanz bisher erlebt habe. Er ist innig und herausfordernd zugleich. Und mit dem richtigen Tanzpartner schwebe ich immer wieder im 7. Kizomba-Himmel.

Hilkea und ihr Buch

Es gibt Zeiten, da fließen die Blogartikel zu so vielen Themen aus dir heraus, und ich las auch, dass du an einem Buch arbeitest. Wie kamst du zum Bloggen, und verrätst du uns, was du in deinem Buch bearbeitest?

Zum Bloggen kam ich über meine Kollegin Ulla. Die hatte eine Challenge von Judith Sympatexter Peters gefunden und nahm daran teil. Und da bin ich auch noch schnell mit hinein gehüpft. Das kann ich nur jeder empfehlen.

Mit Schreiben bin ich schon sehr lange beschäftigt. Bisher allerdings nur privat in Form von Tagebüchern seit ich 14 Jahre alt bin. Als Corona begann, habe ich angefangen ein Buch zu schreiben, denn ich war ja von einem Tag auf den anderen quasi arbeitslos. Und das Bloggen machte mir dann so viel Spaß, weil man immer in kleinen Häppchen an einem Thema sein kann, das war genial für mich. Ich entdeckte so viele Fähigkeiten in mir, meine „Schreibe“ war so vielseitig, so persönlich, so klar, so verspielt, so poetisch, das machte unglaublich viel Spaß und so machte ich einfach weiter. Und habe es noch keinen Tag bereut.

Das Buch ist ein Fachbuch mit Vision, wie mein Schreib-Coach Monika Stolina immer sagt. Und es handelt vom Nervensystem, vor allem dem autonomen Nervensystem und der Stimme. Es wird anatomisches, physiologisches und neurologisches Know-how geben, aber auch einen Teil, der sehr persönlich ist und Erfahrungen von mir und anderen einordnet. Außerdem wende ich Teile des integralen Modells von Ken Wilber auf die Gesangspädagogik an. Das hatte ich schon sehr lange vor, eigentlich seit ich mich in die Bücher von Ken Wilber regelrecht verliebt hatte.

Momentan schreibe ich Goldene Tore. Das sind kleine Texte, die ich den wissenschaftlichen Kapiteln voran stellen möchte, damit sie nicht nur mit angestrengtem Denken gelesen werden, sondern wir all unsere Sinne mit einsetzen, Bilder kommen lassen und vielleicht auch mal über den einen oder anderen wissenschaftlichen Terminus lachen oder stolpern. Sie sind leicht an dem immer wiederkehrenden Beitragsbild auf diesem Blog zu erkennen. Lasst euch gern inspirieren und ich freu mich auf Kommentare.

Hilkea – damals und heute

Wenn du dich in dein junges Ich zurückversetzt, zum Beispiel so um das Abitur herum – was von dem, was du heute tust und erreicht hast, wollte die junge Hilkea damals schon?

Musik studieren, Musik machen und ein irgendwie besonderes und vor allem selbstbestimmtes Leben führen. Ich finde, das ist mir sehr gut gelungen. Ich wollte mich immer selber wirklich kennen lernen. Auf diesem Weg bin ich nun schon seit ich mit 18 die ersten Gesangsstunden nahm und dachte: das hier ist besser als jede Therapie. Und doch habe ich viel Therapie im Leben gemacht, weil mich der Gedanke, mir selbst näher zu kommen und mich verändern zu können, immer weiter voran geführt hat. Selbsterkenntnis und Selbstbewusstsein, was daraus entspringt war mir schon immer wichtig.

Aus- und Weiterbildungen bei Voice Experience

Für wen eignet sich die Aus- und Weiterbildung, die du mit Ulla bei Voice Experience anbietest?

Unsere Kurse eigenen sich für Sänger:innen und Gesangspädagog:innen. Denn wir haben ein wunderbares Konzept, was Theorie und Praxis auf eine spannende Art und Weise zusammen bringt. So fühlt man, was gemeint ist und hat die Möglichkeit, es hinterher auch auf Grund von anatomischen, physiologischen und neurologischen Kenntnissen, die wir in den Vorträgen vermitteln zu verstehen. Etliche Menschen, die „nur“ wegen ihrer eigenen Stimme zu uns kamen fingen hinterher an zu unterrichten, weil sie das Erlebte so gern weiter geben wollten. Und etliche, die unsere Methode lernen wollten, waren völlig erstaunt, wie sehr sich ihre eigene Stimme weiter entwickelt hatte. Man sollte allerdings schon auf einem Gebiet von beidem unterwegs sein. Für komplette Anfänger:innen eignet sich die Weiterbildung nicht. Ach ja, auch Logopäd:innen sind immer wieder bei uns. Das ist besonders spannend, weil sie teils sehr herausfordernde Fragen haben und die Stimme nochmal von einer anderen Seite betrachten.

Danke, Silke für deine Fragen.

Silke Geissen

Silke ist eine echte Wort-Akrobatin. Immer wieder finde ich bei ihr Erstaunliches. In diesem Artikel über ein garantiert nutzloses Coaching findet sich das großartige Wort “Problem-Autonomie”, yeah, jetzt weiß ich, was ich sage, wenn jemand mir vorwirft, ich würde schmollen, ich wäre eine beleidigte Leberwurst, wie ich es in der Kindheit oft gehört habe. Ich reagiere total cool und sage: “Ich schmolle nicht, aber ich lasse mir meine Problem-Autonomie von dir nicht nehmen”. Danke, Silke, der nächste Streit ist gerettet und geht garantiert zu meinen Gunsten aus.

Mehr facts zu Silke

Sie ist eine vielbegabte Menschenfühlige mit Neugierde und Humor. Ihr ist nichts fremd, weil sie so gut wie alles kennt. Auf ihre SUCHE NACH DER EINEN AUFGABE, die sie endlich erfüllen möge, fand sie vieles, was ihr Freude machte. Und anderes, was sie lieber nicht weiter verfolgte.

Nach dem Abitur ging sie nach ihren Erfahrungen im Umfeld davon aus, der einzig richtige Weg sei es, nach der Schule etwas Ordentliches zu lernen und in diesem Bereich Karriere zu machen, so lange bis Kinder kommen. Sie glaubte daran, setze sich in Bewegung – und war todunglücklich. Immer wieder umgeben von Menschen, die Dinge so taten, wie sie sie von Anbeginn der Zeit getan hatten, schien ihr müßig, sie sah keinerlei Sinn darin.

Denn Silke wollte immer lernen, lesen, singen, Instrumente spielen, hinterfragen, analysieren, mit Worten spielen und jonglieren. Menschen verstehen, ihr eigenes Leben finden und leben, Sprachen lernen, die Natur erforschen und verstehen … an und über Grenzen gehen, sich selbst und andere ausloten … letztlich geht es immer ums Verstehen, sich selbst und andere, begleiten, individuelle innere Stolpersteine bearbeiten, entkräften.

Wie sagt sie so wunderbar: “Lösungslosigkeit ist keine Option für mich.”

Nun hast du nicht nur Vieles über mich erfahren, sondern auch einiges über Silke. Schau doch einfach mal bei ihr vorbei. Dort findest du nicht nur neue Worte, die deinen Wortschatz erheblich erweitern werden, sondern du findest auch fundierte Angebote für Coaching, die alles andere als nutzlos sind. Sie kennt die Themen um berufliche und private Unzufriedenheiten, das Gefühl, da muss es doch noch mehr geben als das jahrelange Hamsterrad. Du kannst einen Termin mit ihr buchen. Ich jedenfalls genieße die Gespräche mit ihr sehr und du vielleicht auch?

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