Was überhaupt ist verdammt nochmal ein Rant?
Kurz gesagt könnte man es übersetzen mit dem schönen deutschen Wort: SCHIMPFTIRADE !!!
Und darin bin ich gut. Fragt meine Mutter. Schon als 4-5-jährige habe ich mich mitten im Kaufhaus auf den Boden geworfen und lautstark klar gemacht, dass es mich aufregt, dass ich nicht das bekomme, was ich möchte und was mir selbstverständlich zusteht.
Warum zur Hölle musst du dich bloß ständig so aufregen?
Ja, Herrgott nochmal, das weiß ich auch nicht. Wer seine Wut raus lässt, bekommt wenigstens keine Magengeschwüre. Will ich jedenfalls hoffen. Als ich meinen ersten Theater Kurs in meinem Studium der Kulturpädagogik in Hildesheim machte (ja, das habe ich neben Germanistik, Bibliothekswesen, Operngesang und Gesangspädagogik auch mehrere Semester studiert)…
… also als ich diesen Kurs besuchte und die Aufgabe bekam, mit jemandem zu improvisieren, war eine meiner leichtesten Übungen, einen Wutanfall auf offener Bühne mit Publikum zu bekommen, der sich gewaschen hatte. Eine Liebesszene zu spielen war allerdings bis zum Ende meines Studiums des Operngesangs eine fast so große Herausforderung wie die Carmen zu spielen und meine weiblichen Reize zu testen. Die Präferenzen waren also klar und die Weichen für eine gute Rant-Schreiberin waren gelegt.
Who the f… möchte denn einen Rant lesen?
Das habe ich mich auch gefragt. Aber als ich meinen ersten Rant schrieb, hatte mein Facebook posting dazu so viele Kommentare, wie all meine berührendsten und liebevollsten Texte zusammen. Kann es sein, dass Menschen es lieben, wenn andere ihnen eine Gelegenheit geben, sich mit aufregen zu dürfen? Vielleicht unterstütze ich sie dabei, sich “geordnet” aufregen zu dürfen? Und sich raus zu ziehen, wenn es ihnen selbst zu heikel wird? Oder sie fühlen sich besser, wenn sie spüren, dass sie nicht allein sind mit ihrer Wut, ihrer Enttäuschung, ihrer Kritik. Wer weiß das schon so genau.
Ich bin so schnell und auch so ehrlich in Kontakt gekommen, das war sehr berührend und ich habe wunderschöne Dinge über meine Facebook-Freund:innen erfahren, die ich vielleicht sonst nicht erfahren hätte.
Was verfluchte Sch.. willst du damit?
Als erstes würde ich mal sagen, dass ich damit Psycho-Hygiene betreibe. Wie du Hornochse vielleicht schon oben gelesen hast, vermeide ich damit Magengeschwüre. Und ja, du Klugscheißer, es kann sein, dass ich stattdessen einen Schlaganfall bekomme. Aber das bekommen eher Männer, also ich bin aus dem Schneider, Blödmann. Boa, tut das gut, endlich kann ich wieder durchatmen.
Es ist so schön, seine Wut rauszulassen. Ich darf mich ausdrücken, jenseits von höflich, lieblich, berührend und anständig. Und ich finde es eine echt gute Art, konstruktive Kritik zu üben. Man kann messerscharf Missstände aufdecken, mal auf den Busch klopfen, wie man so nett sagt.
Und übrigens ist dieser Blog-Artikel mal wieder nicht von SEO abgesegnet. Es zeigt dunkel-orange und sagt mir gönnerhaft: OK. Weißt du was, SEO, du kannst mich mal! Das kenn ich schon.
Was sollen diese bad vibrations in diesem ansonsten so tollen Blog? Hast du keine Angst, dass du deine Leser:innen vor den Kopf stößt?
Nein, um ehrlich zu sein, das habe ich nicht.
Denn was ich hier mache ist, mich in meiner gesamten Persönlichkeit zu zeigen. Wie ich oben schon schrieb, gehört die Wut seit meiner frühesten Kindheit zu mir. Ich bin temperamentvoll, ich war es früher und es ist immer noch Teil von mir. Wenn man mich wirklich tief berühren und erreichen möchte, dann zeigt man mir mitten in einem Wutanfall, dass man es zwar nicht mag, von mir gerade angebrüllt zu werden, dass man mich aber trotzdem sehr mag, dass man meine Energie liebt, dass man verstehen kann, dass ich gerade sehr verletzt bin, Angst habe, nicht gehört zu werden oder was auch immer mich gerade umtreibt. Ganz einfach, indem man mich auch mit meinen nicht so angenehmen Eigenschaften annimmt.
Böse Zungen haben behauptet, es sei ein shit-test. Wer meine Wut versteht und annimmt, der kann sich meiner Liebe und Wertschätzung für immer sicher sein. Und soll ich euch etwas sagen? Da steckt ein Funken Wahrheit drin.
Ich kann nicht immer nur lächeln, ich brauche diesen Ausgleich, denn sonst gefrieren meine Gesichtszüge ein und all die Wahrhaftigkeit, um die ich immer wieder ringe und die ebenfalls ein Teil von mir ist, würde sich ganz langsam aus meinem Leben schleichen, da bin ich sicher.
Und zu guter Letzt. Diese Art der Wut hat sich schon immer mit meinem wachen Verstand und meinem natürlichen Misstrauen verknüpft. Es ist mir eine Freude, Missstände aufzudecken, klare Analysen untragbarer Situationen zu schreiben und gleichzeitig nie mein Mitgefühl für mich, die Welt und andere Menschen aufzugeben.
Denn bei allem ist mir völlig klar, dass auch ich nicht ohne Fehl’ und Tadel bin, dass all das menschlich ist, dass wir alle nach Zugehörigkeit, Nähe, Liebe, Kontakt suchen und dass die einzige Möglichkeit für Kontakt in Ehrlichkeit und Mitgefühl zu finden ist. Jedenfalls für mich.
In diesem Sinn schenke ich euch ein gleichzeitiges 😡 und 🙏 und ❤️
Sehr kurzweilig geschrieben, ein echtes Lesevergnügen, ein Leckerbissen.
Gut gebrüllt Löwin! 😉