Liebe

Strand, Wellen, Herz im Sand

Liebe – was für ein Schwergewicht als Begriff

Heute kamen auf einmal lauter verschiedene Dinge zusammen, die unter diesen einen Oberbegriff fallen könnten und die mich inspirierten, darüber öffentlich und trotzdem privat nachzudenken und dem nachzufühlen:

  1. Liebe im Tanzen
  2. Küssen – ein Gefühl von Verliebt-Sein
  3. Liebe fühlen beim Lesen eines Buches
  4. Liebe empfinden, wenn ich Schüler:innen unterrichte

Liebe beim Tanzen – ist das nicht zu nah oder zu groß?

Tanzen ist mir mit der Zeit immer wichtiger geworden. Wie viele wissen tanze ich schon mein ganzes Leben lang, aber den Paartanz habe ich erst vor ca. 4 Jahren für mich entdeckt. Und je besser ich das kann, je tiefer ich in die Tänze Salsa, Bachata und Kizomba eintauche, desto öfter entstehen Gefühle von Flow und eben auch Liebe.

Das erste Mal entdeckte ich es, als ich in Buenos Aires drei Tanzstunden für Argentinischen Tango bei Analia Vega und Marcelo Varela nahm. In der ersten Stunde übten wir mit Analia vor allem “embrace – how to get into an embrace”. What do you feel? How much time do you take for feeling and embracing? Das hinterließ ein ganz wunderschönes Gefühl in mir. Es ging also nicht um richtige Tanzhaltung und dann Grundschritt lernen und los. Der Tanz fängt mit einer inneren Haltung, einer Empfindung, einem sich öffnen für Berührung und Bewegung an.

In der 3. Stunde brachte sie ihren Mann und Tanzpartner mit und mit ihm bin ich gefühlte 15 Minuten nur gegangen. Ohne Berührung, ohne körperliche Berührung meine ich. Nur fühlen, schauen, spüren, wo ist die Richtung, was zeigt mir der Körper des Gegenübers? Und direkt danach kam meine erste Milonga. Nach nur drei Tanzstunden.

Vertrauen und Hingabe – wunderbare Ingredienzien für Liebe

Früher hätte ich nur Panik gehabt, dass ich es nicht können könnte. Aber mein erstes Set, was ich mit Marcelo tanzte war nur schön.  Es spielte natürlich eine Rolle, dass er ein erfahrener Tangotänzer und Lehrer war, aber auch meine Einstellung spielte eine große Rolle. Ich hatte Vertrauen, konnte mich fallen lassen, schloss die Augen und ließ mich einfach führen. Das war alles. Und es fühlte sich wie Liebe an. Allein aus dem Grund, weil ich zutiefst mit mir verbunden sein konnte. Liebe ist also möglich, wenn wir mit uns verbunden sind und uns dem Augenblick hingeben können.

Verliebt sein – ist das wirklich Liebe?

Und am 6.7.21 war Welt Kuss Tag. Das erfuhr ich in meiner wunderbaren Blog-community, als ich zwei Artikel gelesen und kommentiert hatte. Einer handelte vom Küssen. Dabei denke ich persönlich an Verliebt sein. Schon beim Lesen fing es an zu kribbeln und ich war etwas wehmütig, weil ich gerade niemanden hatte, mit dem das Küssen diese Gefühle in mir wach ruft. Und es kam die Sehnsucht meiner Jugend-Zeit, wo küssen etwas so Aufregendes war und ich damals dachte, wenn es sich sooo gut anfühlte: Das ist bestimmt die große Liebe. Mit diesem Mann oder eher Jungen muss ich einfach eine Beziehung anfangen, denn wir sind füreinander geschaffen, wir sind füreinander bestimmt. 

Nun ja, das habe ich irgendwann begriffen und gemerkt, dass Verliebt-sein und Liebe zwei sehr unterschiedliche Dinge sein können. Denn je älter ich werde und je öfter ich das Gefühl habe, dass Verliebt sein und Liebe nicht wirklich miteinander zu tun haben, geschweige denn das Gleiche wären, bin ich erstaunt, in wie vielen Situationen ich eine Empfindung, ein Gefühl habe, was ich als Liebe bezeichnen würde.

Lieben – beim Lesen eines Buches?

Kennt jemand das? Ihr lest in einem Buch, in einem Fachbuch gar und auf einmal geht das Herz auf. Da trifft jemand genau den Nerv, da spricht jemand etwas aus, was ich schon immer gefühlt oder gedacht habe. Ich habe das Empfinden, einen Seelenverwandten getroffen zu haben, obwohl ich diesen Menschen noch nie gesehen habe. Das Herz hüpft, geht über.

Das ging mir vor vielen Jahren so als ich die Bücher von Ken Wilber las. Und später wenn ich Bücher von Willigis Jäger las. Auch Bücher von Gangaji oder OM C. Parkin konnten dies Gefühl in mir auslösen.

Aber ich liebte auch Romanfiguren. Ich liebte Harry Potter, obwohl ich seine Großmutter hätte sein können, egal. Ich liebte auch Morgaine Le Fe in den Nebeln von Avalon. Ja, genau, das war ich, so ist meine Seele, ich bin eine ganz alte Seele. Tagelang lief ich leicht hypnotisiert durch die Gegend. Ich liebte Jamie Fraser, ich liebte Roarke. All diese perfekten Männer mit ihren nicht weniger perfekten Frauen.

Den Anstoß zu diesem Blogartikel gab übrigens ein Buch von Stephen W. Porges. Mir fiel beim Lesen im neuen Buch von ihm ein Artikel ins Auge, den ich vor Jahren gelesen hatte, als ich mich durch sein erstes auf deutsch erschienenes Buch gearbeitet habe: Liebe: eine emergente Eigenschaft des autonomen Nervensystems von Säugetieren. Der Artikel war eher kompliziert und kein bisschen romantisch, er handelt viel von Verführung und Paarungsverhalten, aber das ist eben auch eine spannende Sichtweise, warum wir lieben könnten, was das emotional für Vorteile innerhalb der Evolution hat. Und vor allem, was das mit dem Autonomen Nervensystem zu tun hat.

Und meine Inspiration, die seit zwei Tagen ein etwas unterbelichtetes Dasein gefristet hatte, erwachte und sprang sofort wieder an. 

Liebe beim Unterrichten – kann ich das wirklich so nennen?

Und immer wieder empfinde ich ein Gefühl, was ich nicht anders als Liebe bezeichnen kann, wenn ich unterrichte. Am Anfang hat mich das noch sehr verwundert, manchmal gar irritiert und ich habe nach anderen Begriffen gesucht. Ich bin berührt von der Stimme meines Gegenübers. Die Frequenzen haben etwas in mir berührt. Ich mag die Offenheit, mit der sich viele meiner Schüler:innen mir anvertrauen. Aber am Ende ist es wieder dies Gefühl von Liebe, das sich bei mir einstellt, wenn ich mit mir selbst verbunden bin.

Ein persönliches Liebes-Fazit

Denn vielleicht empfinden wir Liebe mit einem oder auch mehreren Menschen immer dann, wenn wir uns und ihnen erlauben, uns wirklich nahezukommen. Und wenn sie diesen Nerv in uns ansprechen, diese Saite / Seite in uns zum Klingen bringen. Dann haben wir auf einmal das Gefühl, wir sind verliebt oder wir lieben. Es ist so schön, sich selbst so zu fühlen, so weich, so offen, so willkommen. Und natürlich möchten wir das wiederholen. Denn so sind wir nun einmal gemacht. Wir vermeiden, was uns Schmerzen zufügt und suchen, was uns gut fühlen lässt.

Und immer wenn ich diesen Wunsch verspüre zu bleiben, etwas wiederhaben zu wollen, dann wird es interessant. Kann ich im Moment bleiben? Kann ich bei mir selbst bleiben? Oder fange ich an, abhängig zu werden? Den anderen dazu bringen zu wollen, mehr mit mir zu sein, mir mehr davon zu geben?

Und ehe wir uns versehen,  fallen wir aus dem 7. Himmel in die Hölle.

Und da fällt mir sofort Faust ein. Ich habe es schon so oft in meinem Leben erlebt, dass ich in einem wunderschönen Augenblick dachte: Verweile doch, du bist so schön.

Aber sie sind alle gegangen, alle diese Augenblicke. Und es kamen neue. Und es werden neue kommen. Und so kommt und geht das Verliebt sein und auch die Liebe.

Und just während ich es schreibe, weiß ich, dass der nächste Augenblick der Liebe schon ganz nah ist. So nah wie mir schon immer mein eigenes Herz war und ist.

 

2 Kommentare

  1. Hilkea, oh, die Liebe!
    Du bist der erste Mensch, der empfindet und beschreibt, was ich beim Tanzen fühle. Und beim Lesen. Und beim Küssen! Ich liebe auch deine Artikel und die Lebendigkeit, die aus allen Buchstaben strahlt. Es ist eine Wonne, dich lesend kennenzulernen.
    Liebste Grüße

    1. Wow, Silke, was für ein Kommentar. Ich bekomme gerade Gänsehaut. Wie schön, dass du es nachfühlen kannst. Das fühlt sich auf einmal so verbunden an, trotzdem es sich hier nur um bits und bytes handelt. Danke dir sehr herzlich 🙏

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